SA. 03.02.07 CARAMBA! RECORDS + DANCEMATERIAL

up: Caramba! Records:
CARSTEN JOST (Dial Rec., Berlin) GESINE PERTENBREITER (Strom., Female Pressure, Hamburg) KEEPA (Bar, Leipzig)
down: Dancematerial: Techno:
STEFFEN BENNEMANN (Holger) HEADNOAKS (Blackred, Antizero) E 313 (Exesssub) STEPHAN VON WOLFFERSDORFF (Distillery, Where the Buffalo Roam, Leipzig)

Start: 23:00 | add to Cal


caramba!records hat auch in diesem Jahr so Einiges ans Licht zu bringen. Die Labeltreiberinnen haben sich für die Februar-Ausgabe auf erneute Reisen begeben, um in fremden Studiobunkern jemanden zu finden, nach dem sie lange gesucht haben.

Sie fanden ihn, allerdings unter seinem echten Namen David Lieske, mit dem er im letzten Jahr mit seinen künstlerischen Arbeiten eher in den Galerien dieser Welt zu finden war als in den Clubs. Die Rede ist von Carsten Jost. Der gebürtige Hamburger wohnt mittlerweile in Berlin und ist DJ, Produzent sowie neben Lawrence Begründer des Plattenlabels DIAL. Mit seinen Veröffentlichungen, u.a. bei Sender Records, Ladomat, Italic, Dial und Klang Elektronik, steht er für Techno, der irgendwo zwischen Geheimnis und Offenbarung, Darkness und Wärme, Zurückhaltung und permanentem Treiben seinen Platz findet. Er schafft es, Sounds zu kreieren, die zwischen den Polen heiß und kalt angesiedelt sind. Warme Klänge, schwärmend-schwelgend, begegnen kalten, spitzen, nahezu acidoiden Tönen - Musik definitiv für die Nacht.

Gesine Pertenbreiter, Hamburger DJ und Veranstalterin, wird erstmalig in Leipzig ihre Beats poltern lassen. Ihre musikalische Entwicklung verlief über Punk und Hardcore zu Drum'n'Bass, um schließlich bei reflektiertem, minimal-treibenden Techno zu landen. Einseitigkeit kann ihr also wirklich nicht vorgeworfen werden. Gern lässt sie auch mal eine schnorpsende Drum oder einen dumpfen Basslauf in ihr Technoset überlaufen, wobei immer darauf geachtet wird, dass die ihren Heimweg auch selbst finden. Mit ihren Kolleg/innen von strom. bespielt sie den Waagenbau in Hamburg und hat ihre Finger ziemlich häufig bei diversen Tanzveranstaltungen im "elektronischen Milieu" im Spiel.

Als dritter Gast gibt sich Keepa, TechnoKid vorm Herrn, die Ehre. Seine erklärte Mission ist es, die Technotracks zu finden, die anders sind, die das gewisse Etwas haben, und sie Euch zu schenken! Was kann denn da bitteschön noch schief gehen?

http://www.dial-rec.de
http://www.myspace.com/carstenjost
http://www.pertenbreiter.de
http://www.strom-techno.de
http://www.femalepressure.net

Text: caramba!records


Techno-Urgestein Derrick May soll einmal, nach den Ursprüngen seiner Musik befragt, gesagt haben: „Techno is just like Detroit, a complete mistake. It's like George Clinton and Kraftwerk stuck in an elevator.“ (Interessanterweise haben wiederum Kraftwerk selbst Funk, explizit James Brown, als eine ihrer wesentlichsten Einflüsse bezeichnet.)

Geht man davon aus, dass Techno tatsächlich ein einziger Fehler, ein einziger Irrtum ist, so doch einer, der verdammt viel Spaß macht. Die Fusion der kalten, maschinellen Akustik von Kraftwerk mit dem warmen, vor Energie übersprühenden Funk George Clintons oder James Browns ergibt einen Sound, der so mitreißend ist wie kaum ein zweiter.

Zwei Jahrzehnte nach der Begründung der Stilrichtung „Techno“ durch Juan Atkins beobachten wir dessen Erbe in unzähligen Spielarten: Der Ursprungsgedanke des maschinellen Funks spiegelt sich sowohl im gegenwärtigen Minimalsound als auch in vermeintlich genrefernen Stilarten wie IDM oder Dubstep. Längst ist der ideologische Überbau – kompromisslose Zukunftsorientiertheit und utopische Realitätsflucht – den Atkins und Co. ihrer Musik gaben, einem fest im Hier und Jetzt verwurzelten wirtschaftlichen Denken gewichen. Musik, auch wenn sie sich die Plakette „Underground“ anheften mag, ist längst zum Business geworden. Die meisten Künstler mögen Musik nach wie vor als eine Angelegenheit des Herzens betrachten, den Mechanismen der Szene ergeben sie sich trotzdem.

Am heutigen Abend nun soll genau das einmal außer Kraft gesetzt werden: Namen, Trends und Typen-Rollen bleiben außen vor, was einzig zählt ist die Musik. Beschäftigt euch nicht mit dem DJ, sondern mit euch selbst. Begreift den Club nicht als Plattform für Selbstdarstellung, sondern als eine von der Gesellschaft isolierte Insel, befreit von allen Zwängen. Entfernt von jeglicher Huldigung oder Anbiederung wird euch hier die Möglichkeit gegeben, einfach nur ihr selbst zu sein. Techno in seinem ursprünglichen Sinne ist kein glatt gebügelter Konsenssound, sondern Musik mit Ecken und Kanten. Und um genau die geht es hier und heute auf dem unteren Floor mit Steffen Bennemann, Headnoaks, E 313 und Stephan von Wolffersdorff. Trotz aller Fehler. Oder gerade deswegen.

Text: Steffen Bennemann


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